Mutig, um Jesu willen

geschrieben von OM International

Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?  Wie geschrieben steht: Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. Doch in alldem tragen wir einen glänzenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. (Römer 8,35-39)

Omair* richtete sich auf und bewegte sich leicht, als der Gerichtssaal still wurde und er darauf wartete, dass der Richter das Urteil über seine letzte Berufung verkündete. Einige Jahre zuvor war sein Geschäft geschlossen worden, als er angeklagt – und freigesprochen worden war – christliche Literatur gedruckt und verteilt zu haben. Letztes Jahr hatte er von der erneuten Anklage durch einen Zettel erfahren, der unter der Tür der von ihm geleiteten Kirche hindurchgeschoben wurde, wenige Monate bevor auch diese von der algerischen Regierung geschlossen wurde.

Als der Richter eine einjährige Bewährungsstrafe und eine Geldstrafe verkündete, seufzte Omair, dankbar, dass er nach Hause zu seiner Frau und seinen beiden Kindern im Teenageralter gehen kann und nicht ins Gefängnis muss. Mit Brüdern und Schwestern auf der ganzen Welt, die ihn im Gebet unterstützen, wird Omair weiterhin Berufung gegen die Anschuldigung einlegen, aber es ist nicht das erste Mal, dass er vor Gericht steht. Angesichts des drohenden Verlustes seiner Freiheit ist er sich bewusst, was es kostet, Gottes Liebe in seinem Land aktiv weiterzugeben: Geistlicher Widerstand, der sich in physischer Verfolgung zeigt.

«Ich war mehr als 14-mal aufgrund aller möglichen Anschuldigungen vor Gericht», erklärte Omair. «Gott hat mich in Freiheit gehalten, um den Dienst fortzusetzen und vielen anderen seine Liebe zu verkünden. Das Wort Gottes zu lesen, zu fasten und zu beten, Bibelverse über Angst auswendig zu lernen und zu sehen, wie viele Leben verändert und umgewandelt werden – so bin ich um Jesu willen mutig geblieben.»

In den schneebedeckten Bergen der Kabylei – dem Geburtsort der algerischen Erweckung – kamen die Jesus-Nachfolger in einer der grösseren Kirchen mit weit über 1000 Besuchern eine Stunde früher, um sich einen Platz zu sichern. Während dieser Zeit füllte sich die Kirche leise mit Menschen, die sich individuell auf die Anbetung Gottes vorbereiteten und die Gegenwart des Heiligen Geistes willkommen hiessen. Die Gottesdienste zogen sich dann regelmässig über drei weitere Stunden mit Anbetung, Lehre und Gebet hin. Danach wollten die Menschen immer noch nicht gehen, sondern verbrachten die Zeit um die Gemeinschaft zu pflegen.

Seit dem ersten Einsatz in dieser Region im Jahr 1981, als sich etwa 40 junge Männer während eines Fussballturniers für die Nachfolge Jesu entschieden, hat das Licht Christi Hunderttausende von Algeriern zum Leben erweckt und unzählige Hauskreise und Gemeinden ins Leben gerufen. Omair selbst entschied sich in seinem Heimatdorf in der Kabylei-Region dafür, Jesus nachzufolgen. Dort erzählte ihm ein Christ von der Liebe Gottes und dem Weg in den Himmel. Omair, der sich zu dieser Zeit regelmässig an Debatten über den Islam und das Christentum beteiligte, beschloss die Bibel zu lesen, um in seinen Argumenten besser gewappnet zu sein. «Als ich das Wort Gottes las, war ich überzeugt, dass Jesus die Wahrheit ist», erinnert er sich.

Auch die junge algerische Kirche, zwar von der Regierung anerkannt, wurde von Anfang an verfolgt. Wie Omair lernten die frühen algerischen Christen Verse über die Überwindung der Angst auswendig und waren sich bewusst, dass ihre Entscheidung, Jesus nachzufolgen, den Verlust ihres Lebensunterhalts – und sogar ihres Lebens – bedeuten könnte. «Gott hat die Kontrolle und er ist souverän», ist sich Omir sicher. «Keines unserer Haare fällt ausserhalb seines Willens. Warum sollten wir Angst haben oder besorgt sein?“

Gottes Frieden ist grösser als Verfolgung

Im November 2017, einige Jahre vor den von der Regierung angeordneten Versammlungsbeschränkungen, sahen sich algerische Jesus-Nachfolger ausserhalb der Küstenstadt Oran mit einem klebrigen roten Wachssiegel konfrontiert, welches das Schloss verdeckte und von der Metallplatte des Türgriffs am House of Hope (Haus der Hoffnung), einer prominenten protestantischen Kirche, heruntertropfte. Auf Anordnung des Gouverneurs von Oran wurden alle Aktivitäten und Versammlungen sofort eingestellt – im House of Hope und in mehreren anderen Kirchen, die über das Land verstreut sind.

Im September 2018 begannen Christen in Algerien, die in der Algerischen Evangelischen Kirche (EPA) zusammengeschlossen sind, ein Jahr des 24/7-Gebets und Fastens, um göttliche Stärkung für eine Situation zu erlangen, die sich von 2019 bis 2021 noch verschärfte. Weitere Kirchenschliessungen, mehr Druck auf Landbesitzer, die Flächen an Christen vermieten, mehr Verfolgung für einzelne Gläubige, einschliesslich Gefängnisstrafen für diejenigen, die der Bekehrung anderer beschuldigt werden. Anstatt die Schliessung von Kirchen zu veranlassen, wurden sie durch die Gesundheitsbeschränkungen verschärft, die es der algerischen Regierung ermöglichten, die Versammlungen protestantischer Christen weiterhin zu unterdrücken.

Der Vizepräsident der EPA, und seine Frau, Pioniere und Leiter der Missionsschulungs- und Jüngerschaftsbewegung in Algerien sowie Gründer des House of Hope, betrachten die jüngste Form der Verfolgung als «ganz normal». «Wir alle machen weiter, weil wir weiterhin standhaft bleiben und den Herrn für uns kämpfen lassen müssen.»

Durch ihre Standhaftigkeit ist die algerische Kirche zu einem Beispiel für andere Christen in der Region geworden, insbesondere für solche mit muslimischem Hintergrund. Die algerischen Christen sind «alle muslimische Konvertiten, aber sie haben keine Angst; sie widersetzen sich den erzwungenen Schliessungen. Sie wollen ihre Kirchen offenhalten, und das hat ihnen viel Hoffnung gegeben und auch der Welt gezeigt, dass es möglich ist: Sie sind nicht nur bereit zu glauben, sondern auch zu leiden.»

Dieses Leid hat auch internationale Unterstützung hervorgerufen. «Die Reaktion der Weltkirche war einfach unglaublich», teilte der Vizepräsident der EPA mit und erwähnte einflussreiche Persönlichkeiten aus den USA, Frankreich und der Schweiz, die sich für algerische Gläubige eingesetzt haben. Durch die Verfolgung sei die algerische Kirche «geliebter, bekannter und geschätzter» geworden, stellt er fest.

Und obwohl es Christen in Algerien nach wie vor verboten ist, sich in grossen Gruppen in Kirchengebäuden zu versammeln, verbreiten sie das Evangelium im Internet durch ausgedehnte Dienste in den sozialen Medien und zahlreiche Internet-TV-Programme, die auf Arabisch, Kabylisch und Französisch ausgestrahlt werden.