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Glaube in Wendezeiten

Beim Einmarsch in die Ukraine befahl, wurde das Leben von Stefan und seiner Familie auf den Kopf gestellt. Drei Tage lang blieb die Familie aus Südafrika in ihrem Haus in der Ukraine, hatte Angst und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollten. Doch am dritten Tag fragten sie sich: „Werden wir die ganze Zeit in unserem Haus herumsitzen oder können wir beginnen, den Menschen zu dienen und zu helfen?"  

Sie begannen damit, die internationale Gemeinde in Odessa zu aktivieren. Jesus-Nachfolger halfen Studenten, sich über die moldauische Grenze in Sicherheit zu bringen, begannen, Hilfsgüter in andere Städte zu schicken, und kümmerten sich um Flüchtlinge, die in einem Übergangsheim untergebracht waren. Vor dem Krieg nutzte Stefan sein Geschick im Umgang mit Zahlen, um den Spendern Rückmeldung über die Verwendung von Geldern zu geben. Jetzt verbringt er einen Großteil seiner Zeit damit, über Spenden zu informieren, die das Team in dieser Krise unterstützen.

Der Dienst in der Ukraine war nicht das Leben, das Stefan erwartet hatte, als er jünger war. Er wuchs in Pretoria, Südafrika, auf und wusste bis zu seinem Studium nicht, dass es die Ukraine gibt. Stefan und seine Geschwister wurden dazu erzogen, jede Woche in den Gottesdienst zu gehen, aber er erinnert sich, dass ihnen eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus fehlte. Als Stefan 13 Jahre alt war, änderten sich seine Eltern jedoch grundlegend. Eines Sonntags trat ein Christ aus Belgien vor die Gemeinde und sprach darüber, wie er das Evangelium predigte, damit die Menschen gerettet würden. Die Botschaft erregte die Aufmerksamkeit seiner Eltern. „Sie fingen an, über diese Frage nachzudenken: Was bedeutet Errettung?", erzählt Stefan. Nachdem sie andere aus der Gemeinde dazu gefragt und sich selbst geprüft hatten, verstanden sie die Worte Jesu in Johannes 14,6 und glaubten an ihn, als er sagte „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich." (LU17)

Etwa ein Jahr später beschlossen Stefans Eltern, vollzeitlich im Missionsdienst zu arbeiten. Ihre Entscheidung löste eine weitere Veränderung in Stefans Welt aus, und er begann zu hinterfragen, was Christentum ist und wie es in sein Leben passt.

Im selben Jahr nahm Stefan an einem christlichen Jugendcamp teil. In einer Session erinnerte er sich, wie er bei sich selbst dachte: „Du kannst predigen, alter Mann, ich gehe jetzt schlafen." Aber Stefan bemerkte bald die tiefe Überzeugung, mit der der Mann vor den Folgen der Sünde warnte. Als der Prediger bestimmte Sünden nannte, erkannte Stefan, dass sie alle sein Leben beschrieben. Als er hörte, wie sehr solche Sünden Gott betrübten, erinnerte er sich an die Worte seines Vaters: dass jeder für sich selbst entscheiden muss, Jesus nachzufolgen, und in diesem Moment verstand er, was er tun musste.

Zum Schluss lud der Prediger die Menschen ein, ihr Leben an Jesus Christus zu übergeben. Stefan trat vor. Als er nach dem Gebet die Augen öffnete, fand er seinen Bruder und seine Schwester neben sich. „Es war wahrscheinlich der grösste und beste Tag meines Lebens", freut sich Stefan noch heute.

Vom Zweifeln zum Gehorsam

Einige Jahre später, 1994, studierte Stefan Theologie an der Universität von Pretoria, als ihn Freunde zu einem Kurzeinsatz in die Ukraine einluden. Es war das erste Mal, dass er von dem Land hörte, aber Stefan entschied sich, dorthin zu gehen, nachdem er gehört hatte, dass es Teil der ehemaligen Sowjetunion gewesen war. Drei Monate lang verbrachte er Zeit mit den Menschen dort, unterstützte sie und beobachtete ihre Arbeit. „In den frühen 1990er-Jahren herrschte in der Ukraine ein Hunger, den man nicht erklären kann", erinnert sich Stefan. Er sah, wie sich Tausende um diejenigen scharten, die auf den Strassen das Evangelium verkündeten. Als Stefan nach Südafrika zurückkehrte, erzählte er seiner Freundin (mittlerweile seine Ehefrau), dass er sich danach sehnte, vollzeitlich in der Ukraine zu arbeiten.

Seit mehr als 19 Jahren arbeitet Stefan mit OM in der Ukraine und hat dabei die Sprache, die Kultur, das Essen und vor allem die Menschen lieben gelernt.  

Als die Invasion begann, waren all diese Dinge bedroht. Jetzt gibt es ständig Gefahren durch Luftangriffe, Risiken bei der Flucht und Fragen, wem man vertrauen kann. Hinzu kommen die ständig steigenden Lebenshaltungskosten. Stefan sagt, die Preise für fast alles seien um 20 bis 100 Prozent gestiegen. Die Gaspreise haben sich fast verdoppelt. Millionen von Menschen sind aus ihren Häusern vertrieben und Familien auseinandergerissen worden. Diese Herausforderungen haben sich auf die Menschen ausgewirkt, unabhängig davon, wo sie sich befinden – an der Front oder auf der anderen Seite des Landes. In den stürmischen Herausforderungen, die der Krieg mit sich bringt, sieht Stefan immer wieder Gottes Versorgung, damit er anderen helfen kann.

Versorgung

In den ersten Monaten des Krieges benutzten Stefan und seine Frau regelmässig ihren eigenen Kleinbus, um Menschen an die Grenze zu fahren. Normalerweise hätte er es niemals getan, Menschen zwischen Städten hin- und herzufahren. „Aber einige von uns mussten neue Aufgaben übernehmen und wir haben das getan, weil wir wirklich etwas bewirken wollten", erklärt Stefan. Eines Tages, als andere Mitarbeiter Menschen zur Grenze fuhren, gab der Motor des Kleinbusses den Geist auf – eine Reparatur des Fahrzeugs war nicht mehr möglich. „Das war das einzige Fahrzeug, das wir hatten", berichtet Stefan. „Wir hatten diesen Bus fast 15 Jahre lang." Dies war nicht nur ein Schlag für Stefans Familie, die dadurch in ihrer Stadt gefangen waren, sondern bedeutete auch, dass sie keine Fahrten mehr für andere anbieten konnten.

Stefan meint, er habe sich nie Sorgen gemacht, weil er wusste, dass Gott für ein Fahrzeug sorgen würde. Allerdings hatte er keine Ahnung, woher die Hilfe kommen würde. Als er erfuhr, dass die OM-Leiter in Europa grünes Licht für den Kauf eines neuen Autos gegeben hatten, war er völlig sprachlos: „Ich war ohne Worte und wusste nicht, was ich sagen sollte, weil wir nicht erwartet hatten, dass die Leiter so etwas machen würden." Er plant, das neue Fahrzeug weiterhin im Dienst für andere einzusetzen, indem er Menschen und Hilfsgüter dorthin fährt, wo sie gebraucht werden.

Angesichts der steigenden Kosten und des Mangels an hochwertiger medizinischer Versorgung sind viele OM-Mitarbeiter in der Ukraine auf persönliche Unterstützung angewiesen. Stefan ist dankbar, dass er einen Teil der Mittel zur Deckung dieser Bedürfnisse verwenden kann. Er erklärt, dass, wenn er die aktuellen Bedürfnisse seiner Kollegen jetzt nicht befriedigen könnte, dies ihrem Dienst in der Gemeinschaft in Zukunft schaden würde. Mitten in einer Krise bringt jede Gabe, die zur Unterstützung der am wenigsten erreichten Menschen in der Ukraine gespendet wird, den Christen, die ihnen dienen, frischen Mut.  

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